Social-Media-Stress Netz-Verzicht wird zum erstrebenswerten Luxus
Von Wieland Freund 15. Dezember 2009, 16:35 Uhr
Lange war die ausgiebige und intensive Internetnutzung ein Ausweis von Know-how und Bildung. Doch mehr und mehr wird Netz-Abstinenz zum erstrebenswerten Luxus.Denn wer mehr als 300 Mails pro Tag beantworten muss, stellt schnell fest, wie überfordert er mit dem dauerhaften Multitasking ist.
Nach knapp 20 Jahren World Wide Web hat die digitale Revolution an Glanz verloren. Da und dort macht sich eine Art informationeller Erschöpfung breit. Eben erst hat Frank Schirrmacher, Mitherausgeber der „FAZ“, in einem Buch namens „Payback“ sein Leiden an E-mail, SMS, Twitter und Web beschrieben; vor zwei Jahren bereits hat Miriam Meckel, Medienprofessorin, Kommunikationsberaterin und zeitweise Staatssekretärin in Nordrhein-Westfalen, „Das Glück der Unerreichbarkeit“ erklärt – nach eindringlicher Schilderung ihrer Zerrüttung durch jahrelanges Multitasking.
Die schiere Begeisterung scheint dahin, die euphorisierende Kraft des Neuen am Ende der Nullerjahre erlahmt. Vor ein paar Tagen hat eine US-Akademie die wichtigsten Internet-Errungenschaften des neuen Jahrtausends gekürt, doch keiner der frischgebackenen Träger des Webby (so heißt, was ein Internet-Oscar sein soll) erntet heute noch einhellige Begeisterung.
Das soziale Netzwerk Facebook macht gerade hässliche Schlagzeilen; die Internet-Enzyklopädie Wikipedia liegt im Grabenkrieg mit sich selbst; und vor allem die Weltmaschine Google wird immer kritischer beäugt. Dem einen gilt sie mittlerweile als Big Brother des Konsumzeitalters, dem anderen als Totengräber einer Buchkultur, die als „letzte Bastion des Analogen“ immer verbissener verteidigt wird.
Dabei geht es keineswegs allein um das Google Book Settlement und das Urheberrecht, das in einer individualistischen Gesellschaft jegliche Innovation garantiert, sondern vielmehr um die Verteidigung der Aufmerksamkeit in der Verzögerung, um die Wiederentdeckung der Langsamkeit also. Frank Schirrmacher bemüht eine „Biologie des Lesens“, deren erste Tugend eine neuronale Verschleppung sei, die, so die amerikanische Bildungsforscherin Maryanne Wolf, „in unserem Bewusstsein Linearität und Ordnung“ schaffe.
Was willst Du uns denn damit sagen? Wir sitzen doch alle fast taeglich an der Kiste.
Mein Mann hat mich gestern gefragt, was Facebook eigentlich sei. Das konnt ich gerade noch so erklaeren, weil's mir ne Bekannte mal gezeigt hatte. Ich glaube, dass bei uns so ziemlich alles seit der Erfindung der CDs spurlos vorbeigegangen ist. Keine Ahnung was all die Erfindungen sein sollen, Twitter? Keine Ahnung. Mag sein, dass das eine oder andere tatsaechlich ne Erleichterung fuer einen darstellen wuerde, aber bis man sich das angeeignet hat und eingerichtet hat. Da hab ich keine Lust zu. Ich mag mich nicht alle 2 Monate mit nem neuen Geraet beschaeftigen. Handy? Nur im Notfall, ich selbst hab keins.
Und wenn ichs schaffe, dann werd ich ab naechstes Jahr nur noch einmal die Woche den PC einschalten. Und wenn das funzt dann noch weniger.
ein Leben ohnne internet waere unser Traum, nur brauchen wir es wie viele andere Leute eben beruflich. Ohne geht garnichts. Leider wird man auch suechtig und kann nicht mehr ohne die Kiste leben. Ist leider so.
Richtiges Suchtverhalten ist schon ein anderes Kaliber. Meist sind davon Gamer betroffen, die z. B. tagelang ohne Essen/Trinken durchzocken, ihren Job verlieren, Kontakt zu Freunden u. Familie abbrechen usw. Allerdings muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass dieser Personenkreis bereits eine psychische Vorerkrankung hat, wo sich eines der Symptome in Computersucht äussern kann.
Mit dem Internet verhält es sich wie mit TV, damals war man auch der Überzeugung, die Flimmerkiste würde eckige Augen verursachen. Heute weiss man, dass es viel mehr darauf ankommt, _wie_ das Medium genutzt wird. Es zwingt uns keiner täglich Talk-Shows zu gucken (laufen die überhaupt noch?) oder ausschliesslich Bild.de zu lesen. Wir allein tragen die Verantwortung dafür, welche Informationen wir konsumieren und welche nicht. Demnach liegt das Problem nicht am Internet, sondern 15 cm vor dem Bildschirm.
Mittlerweile komme ich wieder ganz gut ohne Cell aus. Bei Autopannen oder wenn man im Supermarkt steht und nicht weiter weiss ist es ganz gut, die Bodenstation anzufunken. GPS-Funktion bei Smart-Phones macht sicher auch manchmal Sinn, v.a. wenn man sein Tomtom in der GTA nicht regelmaessig updatet ist man schonmal oefters im Niemandsland unterwegs, so schnell wie hier gebaut wird. Aber darueber hinaus? Im Restaurant mit Freunden/Familie/Kollegen Emails lesen oder andere auf Facebook mit aktuellen Photos oder verwackelten Webvideos beeindrucken muessen? Irgendwo kindisch. Mir tun Leute mit Blackberry's eher leid, weil da staendige empfangsbereitschaft vorausgesetzt wird, das ist ganz furchtbar, ausser vielleicht fuer gelangweilte Singles. Ich denke, Twitter und Konsorten findet bei Freelancern, Aussendienstlern und Pendlern im Public Transport (nein, ich meine nicht GM) den meisten Anklang, weil man so nicht ganz von Kontakten abgeschnitten ist und mal etwas Ablenkung hat, wenn man eh auf den Zug wartet. Tagsueber reichen mir die Watercooler-Gespraeche und eine gutsortierte Nachrichtenwebsite fuer alles andere. Bei Emails seh ich den Trend, meine Privatmail sortier ich schon gar nicht mehr ein und der Spamfilter ist eigentlich nutzlos, wobei der groebste Spam da wohl schon entfernt wurde (Suchmaschinenaccount). Ich glaube, ich habe irgendwas zwischen 3000 und 5000 ungelesenen Mails. Zum Glueck gibt es die Volltextsuche, aber ich hab schon gelegentlich mal was ueberguckt, was mich interessiert haette. In der Firma kann ich es nicht ganz vermeiden, die emails zu sortieren und bin da sicher 1/2h am Tag nur damit beschaeftigt, also nicht mit antworten, sondern nur mit Prioritaeten setzen und archivieren. Nach ein paar Urlaubstagen macht das echt keinen Spass mehr.