Hier mal ein paar Schlagzeilen oder persoenliche Erfahrungen der letzten Tage, was den angespannten Arbeitsmarkt in Alberta angeht:
* Alberta carriers deliver resignation letters to Canada Post Noerdlich von Edmonton wandern die Brieftraeger (Einkommen $40,500 pro Jahr) in besser bezahlte Berufe ab. Post in Sherwood Park und Strathcona county, gerade mal ausserhalb von Edmonton, wird nur noch 1x pro Woche zugestellt. In St. Paul, 200 km nordoestlich von Edmonton, muessen sich die Buerger die Post selber beim Postamt abholen.
* Calgary cabs sit idle as passengers stew 200 Taxis weniger in der Stadt unterwegs, weil dafuer die Fahrer fehlen. Wartezeiten zwischen 6 und 11 Uhr morgens und ab 15 Uhr nachmittags ueber eine Stunde, um ueberhaupt per Telefon zur Funkzentrale durchzukommen (eigene Erfahrung).
* Last stop for Calgary's airport shuttle Der einzige fahrplanmaessige Airport-Shuttleservice in Calgary musste seinen Betrieb einstellen, weil nicht genug Fahrer zu bekommen sind.
* Schild an einer Wendy's Hamburgerbude: Wegen Personalknappheit ist lediglich unser Auto-Schalter (Drive-through window) geoeffnet.
Aehnliche Dinge habe ich in Irland erlebt, waehrend des "Celtic Tiger Booms".
Allgemein wuerde ich all diese Nachteile als Vorteil bewerten.
Noetig ist die Nachfrage nach Arbeitskraeften schnell zu decken, da es das Wachstum quasi erwuergen kann.
Ich vermute, dass Immigration Canada die Punktezahl fuer den Skilled Worker nochmal reduziert. Von 75 nach 67 sind sie ja schon gezogen, oder auch Alberta spezifische PNP Themen dementsprechend angepasst werden..
danke für die Aspekte, die man nicht ausser Acht lassen sollte.
Hallo Peter,
temporär könnte man diese Nachteile durchaus als Vorteil sehen, dass Problem ist nur: Wenn man jetzt zuviele Arbeitnehmer ins Land holt, (viele) andere aus anderen Provinzen nach Alberta kommen, kann es irgendwann einen Super-GAU geben. Abgesehen davon, dass die Ausbeutung der Ölvorkommen ein unglaubliches Desaster in ökologischer Sicht ist, ist dieser Rohstoff auch nicht unendlich verfügbar. Das bedeutet also: Wandern viele Menschen nach Alberta, multipliziert man das um kommenden Generationen mit dem Faktor X - und stellt sich dann das Szenario vor, dass die Ausbeutung der Rohstoffe irgendwann sich auch dem Ende neigt... Dann hat man ein ähnliches Problem - nur umgekehrt.
Wenn man hört, was das Leben in Fort McMurray kostet, dann relativiert sich das hohe Einkommen der Oilworker auch irgendwo wieder, teilweise werden ja schon für Schlafplätze in Containern horrende Summen verlangt. Und dauerhaft da oben Leben... Inmitten völlig zerstörter Natur...
Abzuwarten ist ja auch noch, wie Alberta sich mit den anderen Provinzen arrangiert. Wärend AB immer reicher wird, wandern in den ärmeren Provinzen im Osten die Leute ab... Also, ich für meinen Teil sehe nicht alles dort so positiv....
Dass die Oelvorkommen begrenzt sind, und dass es oekologische Faktoren gibt ist ein Thema. Dass die Menschheit nach Alternativen suchen muss, ist auch bekannt.
Engpaesse von Arbeitnehmern als Resultat von rapidem Wachstum ein weiteres und genau dies wollte ich in meiner letzten Antwort behandeln:
Wenn Du das Leben in Fort McMurray ansprichst, so duerfte vieles Dublin gleichen.
Hoche Nachfrage an Immobilien und dergleichen, wenig vorhandenes Angebot, Preise steigen, und dies nicht nur in Form von Mieten sondern - wie Calgarian auch schrieb - vom Brieftraeger bis zum Taxi. Alles ist knapp.
Hinzu kommt noch das Faktum, dass viele Staedte im Westen von Nordamerika die gleiche oder aehnliche Entwicklung durchgemacht haben, so mancher Boom war nur von einem Bereich, hier etwa Oelsand, abhanegig. Ist dieses Thema vorbei, sind somanche Staedte schon zu Geisterstaedten geworden, ich moechte aber damit nicht aussagen, dass dies in Alberta oder Fort McMurray zwingend der Fall sein wird.
Europa ist hier eher historischer gewachsen.
Aehnlicher Fall: 1995 konntest Du in Dublin - southside (Republik Irland) ein Haus kaufen um 40.000 Pfund. Heute wuerde es 600.000 Euro Wert sein. Selbst wenn heute zwei Eheleute gut verdienen ist diese Immobilie kaum zu finanzieren.
Im Prinzip macht meines Erachtens jedes Land, jeder Markt und fast auch jede Geschaeftsbranche "seinen Wachstumszyklus" bis zur Saettigung durch, allerdings reagiert man bei Saettigung in der englishsprachigen Region oftmals mit mehr Flexibilitaet in Sachen Loesungsansaetzen, waehrend man sich in Deutschland eher schwer damit tut.
Verhaeltnisse des Deutschlands von 1950 oder 1960 findest Du dzt. in Alberta oder in Irland. In 20 bis 30 Jahren findet man eine Saettigung vor, und Verhaeltnisse wie in Deutschland von 2006,
etwa eine Bevoelkerung, die sich zu gut ist, bestimmte Jobs zu machen. eine Jugend die nicht versteht, dass auf einmal die Verhaeltnisse nichtmehr so sind, wie die der Elterngeneration etc....
und irgendwann mal mit Sicherheit auch in China, die durch die "1-Kind-Politik" wahrscheinlich auch mal vor den gleichen Problemen stehen werden wie die Rententhematik in Deutschland heute, - nur eben weit zeitversetzt.
Richtig, irgendwann wird der Boom auch mal zu Ende gehen - spaetestens dann, wenn die Rohstoffreserven aufgebraucht sind, oder sich der Abbau wegen der hohen Preise und dem Energieweltmarktniveau nicht mehr lohnt - auch wenn der kanadische Sachverstaendigenrat (Conference Board of Canada) den Boom und den dadurch anhaltenden Arbeitskraeftebedarf auch ueber die naechsten 20 Jahre noch andauern sieht. Die Frage ist natuerlich, wieweit der Boom sich selber aber auch abbremst durch den Arbeitskraeftemangel (auch und besonders in der Service-Industrie). Und ueber die anderen Nachteile im Zusammenhang mit dem Boom hatten wir ja schon in der Vergangenheit diskutiert: Wohnungsmangel, zu teure Mieten/Immobilienpreise, Infrastrukturmassnahmen, die nicht durchgefuehrt werden koennen, wiederum sowohl wegen der allgemeinen Verteuerung wie auch wegen des Arbeitskraeftemangels. Auch die Inflationsrate in Alberta ist doppelt so hoch wie im gesamten Kanada, in Calgary sogar noch hoeher. Jedes Ding hat halt seine Licht- und Schattenseiten.
P.S.: Ich finde es immer nett, wenn von Deutschen so vehement gegen den Oelsandabbau in Nordalberta argumentiert wird. Natuerlich ist das ein ungeheuerlicher Eingriff in die Natur. Nur - selbst im dichtbesiedelten Deutschland wird das doch nicht anders gemacht. Ich erinnere nur an die Braunkohlentagebaugebiete im Osten Deutschlands wie im Rheinland (Garzweiler), wo ganze Doerfer und selbst relativ neue Autobahnen dem Profitstreben weichen muessen.
Die hohen Inflationsraten machte ich in Irland auch mit. Mieten stiegen relativ schnell. Um in der Abteilung Mitarbeiter zu halten, wurden dauern neue Leute angeworben, tlw. gabs Gehaltserhoehungen von 20%. Zum Glueck entschied ich mich damals zum Immobilienkauf, wenngleich auch relativ spaet, 1999, konnte man auch noch einige Zuwaechse mitmachen.
In Deutschland kritisiert man immer gerne Profitgier und noch gerner die von amerikanischen Firmen. Auch der Umgang in Nordamerika mit der Natur wird in Deutschland gerne kritisiert.
Ein weiteres - zu den von Dir genannten Dingen - waere folgendes Beispiel: Selbst in der Automobilbranche war es nicht gerade Deutschland, welches den 3 Wege Kat zuerst eingefuehrt hat, es war die "vielbeschimpfte" USA. Die Abgasnormen von California sind strenger als in Deutschland. Es ist auch bekannt, dass waehrend der deutschen Teilung fliessig Muell von West nach Ost transportiert wurde.