kurz, worum es geht. Meine Familie und ich gehen mitte / ende Mai nach Canada, erstmal mit einem work permit. Da die Arbeitssuche ganz anders verlief, als ich es mir vorgestellt hatte, würde ich gerne für Interessierte und "Suchende" meine Erfahrungen kurz wiedergeben. Ganz wichtig, bevor wieder die Reaktionen wie "du siehst alles ganz falsch" oder "typisch deutsch" etc. kommen: das ist meine subjektive Meinung. Daran, wie ich Canada finde (und die Menschen dort), hat die Suche nur wenig verändert.
Also, es gingt darum, einen Job als Chef im Bereich fine-dining in Vancouver zu finden, um dann mit einem work permit und meiner Familie (zwei Knirpse) rüber zu gehen. Der Plan war, Ende Februar Bewerbungsgespräche zu führen, Job festmachen, Genehmigungen einholen, Anfang Mai rüber gehen.
Bewerbung. Da ich mich etwas absetzen wollte, habe ich eine Website und eine DVD gebastelt, die meinen Werdegang, Interessen etc. darstellt. Diese DVD und ein Abschreiben mit Hinweis auf die Website habe ich an 43 ausgewählte Restaurants geschickt. Insgesamt war das eine Heidenarbeit!
Zuerst passierte nichts, auch keine Absage. Dann schickte ich die erste Erinnerungsmail rum. Darauf wenig Reaktionen... Um es kurz zu machen: die meisten haben sich gar nicht gemeldet, aber ich hatte am Ende 6 Vorstellungsgespräche in Vancouver. Ich bin dann Ende Februar nach Vancouver geflogen und war gespannt.
Bewerbungsgespräche Alle Bewerbungsgespräche waren sehr angenehm und recht entspannt (außer eines, in dem 3 "Fachmänner" mir gegenüber saßen und wirklich alles wissen wollten ))). Bei einem sind wir direkt überein gekommen, dass die Position für den Start zu viel wäre. Das war total o.k., wir waren sogar Abends in dem Restaurant noch essen und sind immer noch in Kontakt. Ein Restaurant hätte mich genommen, aber nur, wenn ich schon die Arbeitserlaubnis hätte. Ein Rattenschwanz: ohne Stellenangebot keine Permit und umgekehrt. Das dritte Restaurant war sehr begeistert, man sprach über Geld, Position etc. Es sah so aus, als ob das mein potentieller Job werden würde... Beim vierten Restaurant, mit den drei "Fachmännern", gab es noch einen Anschlusstermin, bei dem mir der Besitzer einen Job per Handschlag zusicherte, man würde sich auch um alles kümmern, was die Erlaubnis angeht. Die letzten beiden: eine Zusage und eine bedingte Zusage, man würde definitiv erst in drei Wochen bestätigen können. Ich war happy, mit so viel positiver Resonanz hatte ich nicht gerechnet. Also wieder nach hause...
Wo arbeiten? Zuerst entschied ich mich für das Restaurant, die mich direkt mit Zusagen und einem konkreten Angebot heiß gemacht haben. Ich schickte die Bestätigung per Mail und wartete... nichts passierte. Nochmal melden... imemr noch nichts. Dann eine Mail: Sorry Sascha, wir können deine Bewerbung nicht weiter verfolgen. Keine Gründe, kein garnichts. Seltsam. Gut, ich war super enttäuscht, hatte aber noch zwei Optionen. Das nächste Restaurant schrieb zurück, man einigte sich wegen des Geldes, ich schickte die Unetrlagen zu und alles wurde bei Human Resources eingeleitet - dachte ich. Ich wartete darauf, dass das Restaurant die Erlaubnis von HRC erhielt, dann eine Mail: Sorry Sascha, kann den Eigentümer des Restaurants doch nicht mit an Bord bringen "just go for another option". Jetzt war ich sauer, enttäuscht und hinsichtlich unserer Ausreise panisch. Letzte Option, die drei Fachmänner mit dem Handschlag des Eigentümers. Email geschrieben und gezittert: würde das auch wieder in die Hose gehen? Es kam promt eine Mail mit Vertrag zurück und dem Hinweis, dass wie versprochen alles geregelt würde, wenn ich unterschreibe.
aktueller Stand Das Restaurant hat Wort gehalten, wir warten jetzt nur noch auf das o.k. von HR, was sich noch ziehen kann... ich hoffe das Beste!
Fazit Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Canadier wirklich sehr umgänglich und höflich sind, leider aber oft unzuverlässig und nicht ehrlich. Es ist total o.k. bei einem Gespräch zu sagen "nein, du passt nicht", aber es wirklich mies, aus falscher Höflichkeit einen hinzuhalten. Sich bei der Bewerbung Mühe zu geben, lohnt sich. Wir (deutschen) setzen uns damit ab und das kommt gut an. Es macht aber keinen Sinn, breit zu streuen. Ich würde es beim nächsten Mal so machen, dass ich erst per Mail anfrage und dann Unterlagen zuschicke. Oder direkt in Canada perönlich vorbei gehe und die Unetrlagen dort lasse, mit dem Hinweis "komme noch mal vorbei". Glaubt mir: ohne etwas Druck geht es nicht! Das bestätigt auch mein canadischer Schwager, der sich über meine Erfahrungen was die Jobsuche anging echt amüsiert hat. Man sollte direkt sein, sagen, was man möchte und die Sache vor Ort abschließen.
Canada ist für mich und meine Familie immer noch ein tolles Land mit tollen Menschen, aber so europäisch Canada auch wirkt, die Mentalitäten sind anders. Wer immer dort einen Job sucht, sollte das mit einplanen. Man kann sich dann sicher ersparen, dass man wie wir über zwei Monate auf glühenden Kohlen sitzt!
Liebe Grüße Sascha
PS: Von dem Restaurant mit der bedingten Zuage habe ich nie wieder etwas gehört...
vielen dank für deinen Erfahrungsbericht. Genauso haben wir es eingeschätzt. Wir sind auch schon fleißig bei den Reisevorbereitungen. Mein Mann hat heute seinen Reisepass beantragt und will für 3 Wochen nach CA auf Jobsuche. In seiner Branche hat er nur auf dem Hiddenmarkt oder vor Ort ne Chance wo er sich auch presentieren kann. Papier ist halt gedultig und papier kann nicht das aussagen wie mein Mann ist. Das haben wir schon in DL bei den Bewerbungen gesehen... Man wurde nie eingeladen aber hat mein Mann mal ein Vorstellungsgespräch gehabt dann später auch den Job.
Bitte schreib weiter wie es dir so ergeht. wie der stand der Dinge ist. Ich liebe solche berichte.
es hat glaube ich wenig mit "unehrlichkeit" bzw. "Unzuverlässigkeit" zu tun. vielmehr ist es höflichkeit und teilweise schlecht informiert auf seiten der AGs. die DE-mentalität ist sehr direkt und man weiss sofort, was sache ist. in CAN ist das anders. es sind oftmals reine floskeln. aussagen wie "ruf mich an, wenn du 'n job brauchst", sollte man nicht immer so ernst nehmen. darüber hinaus musst du dich mal in die lage der AGs versetzen. CAN ist zwar ein einwanderungsland, d.h. aber nicht, dass jeder canadier weiss, wie die prozeduren aussehen und wieviel aufwand dahintersteckt. die meisten kleinen firmen haben damit schlicht keine erfahrung! daher solltest du von deiner seite her die prozeduren sehr genau kennen und die AGs ganz genau aufklären, was zu tun ist und so gut es geht unterstützen. du wirst dann relativ schnell feststellen, wie ernst es mit den zusagen ist. vielleicht noch ein hinweis zu deiner DVD. grundsätzlich gute idee - hat aber einen haken. diese form der bewerbung verstößt gegen diverse diskriminierungsvorschriften (alter, aussehen, geschlecht, etc.). du darfst grundsätzlich bei deinen bewerbungen keine altersangaben machen oder gar bilder von dir versenden. grundsätzlich müssten die firmen die bewerbungen sofort in den eimer werfen...
Hallo, ich habe bei allen AG direkt klar gemacht, wie die Prozedur aussehen würde, also daher hätte es daran nicht liegen können. Für die DVD habe ich mich bewußt entschieden, und die AG, bei denen ich ein Gespräch hatte, fanden die Idee klasse... man sollte das sicher auch nicht so eng sehen. ;o) Sascha
Die DVD ist sicherlich eine gute Idee, jedoch entspricht diese nicht der Norm was in Kanada nicht immer gut ankommt. Die herkömmliche Bewerbung mit Hinweis auf die Webseite wäre da sicherlich erfolgreicher gewesen.
Eine "kalte" Bewerbung, sprich ohne vorheriges Telefonat, ist so gut wie aussichtslos in Nordamerika. Bewerbungen per email, womöglich an die Adresse hr@... oder info@ mit der Einleitung Dear Sir or Madam ... landet mit 99.99% Wahrscheinlichkeit im Müll. Die Vorgehensweise in Nordamerika ist in der Regel wie folgt:
1. Anrufen, nach dem Verantwortlichen für HR fragen. Sich ggf. kurz durchstellen lassen, sich kurz vorstellen (Name, Grund des Anrufs) und der Frage ob es eine gute Zeit für ihn ist mit einem zu sprechen. Wenn ja, geht es ins Detail. Wenn nicht, nach der Emailadresse fragen um die Unterlagen zu schicken. Sagen das die Bewerbung kommt und das man in wenigen Tagen noch einmal anruft.
2. Bewerbung an die Person schicken die man aus 1. erfahren hat mit der Einleitung Dear ...., Sich danach kurz aufs Telefonat beziehen und der Rest beinahe wie gewohnt.
3. Nachhaken. Die kanadischen AG möchten sehen dass man den Job haben will. Also wie am Ende des Bewerbungsschreibens erwähnt meldet man sich nach ein paar Tagen noch einmal telefonisch bei dem guten Menschen.
Zur Mentalität noch etwas. Kanadier sind sehr höflich (polite) und schlechte Nachrichten werden sie dir so gut wie nie direkt sagen. Die Mentalität im Geschäftsbereich ist so, dass man anstatt einer Absage einfach nichts mehr von denjenigen hört, anders wie in DE wo eine Absage zum guten Ton gehört.
Wie man bei Sascha sieht hat sich seine Hartnäckigkeit bezahlt gemacht. Finde ich prima das du dich nicht hast unterkriegen lassen. Viel Glück und natürlich alles Gute für die weitere Zukunft in Kanada.
guter Bericht! Ihr werdet Euch sicher auch zukuenftig, wenn Ihr erst mal hier seid, noch ueber einiges wundern, aergern, wie auch immer... Zumindest geht es uns haeufiger so. Aber es gibt auch immer wieder ganz positive Ueberraschungen.
Wir druecken ganz fest die Daumen, dass jetzt alles problemlos bei Euch durchgeht und wir Euch dann endlich in ein paar Wochen hier in Vancouver wiedersehen bzw. P kennenlernen. Freuen uns schon auf Euch!
du schreibst, dass du dem arbeitgeber klar gemacht hast, was zu tun ist - war eine gute idee.
aber, viele der arbeitgeber , besonders bei kleineren firmen ahnen ja nicht, dass sie dann von HRSD "durchleuchtet" werden, ob sie auch als firma OK sind - und diese durchleuchtung wollen sie dann doch lieber vermeiden.
es ist gut möglich, dass selbst firmen, die zu der job-messe kommen , dies nicht mehr wollen - wenn sie dann wirklich mit HRSD konfrontiert sind
Hallo Sascha, Wir haben aehnliche Erfahrungen mit den Kanadiern gemacht. Und eigentlich sollte mein Mann das kennen, er ist schliesslich einer, aber anscheinend fliesst noch zu viel Deutsches Blut durch seine Adern. Bei Kanadiern ist es leider so, dass was sie sagen und tun nicht immer das gleiche ist. Es lohnt sich nicht ueber eine muendliche Zusage oder per Email zu freuen. Das sagt noch gar nichts. Erst wenn alle Parteien unterschrieben haben oder Du Deine ersten Paycheck in den Haenden haeltst, weisst Du ob Du wirklich on Board bist. Ich habe mich auch schon oefter gefragt, ob die Kanadier es einen nicht sofort sagen koennen, dass sie Dich nicht wollen, aber mein Mann hat es mir anders erklaert. Nordamerikaner sind oft viel schneller excited und dann ueberlegen sie sich das noch einmal und kommen zu einem anderen Schluss. Sie sagen auch mal Sachen, die sie nicht ganz so meinen: "Come by for a coffee" heisst nicht, dass Du tatsaechlich unangemeldet vorbeikommen solltest (Lieblingsgeschichte von meiner Schwiegermutter). Egal warum sie es so machen, man muss sich darauf einstellen. Ist aber wahrscheinlich besser, als Mitbuerger, die sich staendig gegenseitig belehren.
Das ist ja eine schöne Überraschung, dass du dich hier meldest ) Wir hoffen mal, dass alles nun glatt läuft! Liebe Grüße Sascha
Zitat von SilkeHi Sascha,
guter Bericht! Ihr werdet Euch sicher auch zukuenftig, wenn Ihr erst mal hier seid, noch ueber einiges wundern, aergern, wie auch immer... Zumindest geht es uns haeufiger so. Aber es gibt auch immer wieder ganz positive Ueberraschungen.
Wir druecken ganz fest die Daumen, dass jetzt alles problemlos bei Euch durchgeht und wir Euch dann endlich in ein paar Wochen hier in Vancouver wiedersehen bzw. P kennenlernen. Freuen uns schon auf Euch!
Stimme dir in bezug auf die DVD nicht zu (die ist sehr gut angekommen), aber der Rest stimmt total ))
Zitat von ByteloserHallo an alle,
hier mal meine Gedanken zu dem Thema Bewerbung.
Die DVD ist sicherlich eine gute Idee, jedoch entspricht diese nicht der Norm was in Kanada nicht immer gut ankommt. Die herkömmliche Bewerbung mit Hinweis auf die Webseite wäre da sicherlich erfolgreicher gewesen.
Eine "kalte" Bewerbung, sprich ohne vorheriges Telefonat, ist so gut wie aussichtslos in Nordamerika. Bewerbungen per email, womöglich an die Adresse hr@... oder info@ mit der Einleitung Dear Sir or Madam ... landet mit 99.99% Wahrscheinlichkeit im Müll. Die Vorgehensweise in Nordamerika ist in der Regel wie folgt:
1. Anrufen, nach dem Verantwortlichen für HR fragen. Sich ggf. kurz durchstellen lassen, sich kurz vorstellen (Name, Grund des Anrufs) und der Frage ob es eine gute Zeit für ihn ist mit einem zu sprechen. Wenn ja, geht es ins Detail. Wenn nicht, nach der Emailadresse fragen um die Unterlagen zu schicken. Sagen das die Bewerbung kommt und das man in wenigen Tagen noch einmal anruft.
2. Bewerbung an die Person schicken die man aus 1. erfahren hat mit der Einleitung Dear ...., Sich danach kurz aufs Telefonat beziehen und der Rest beinahe wie gewohnt.
3. Nachhaken. Die kanadischen AG möchten sehen dass man den Job haben will. Also wie am Ende des Bewerbungsschreibens erwähnt meldet man sich nach ein paar Tagen noch einmal telefonisch bei dem guten Menschen.
Zur Mentalität noch etwas. Kanadier sind sehr höflich (polite) und schlechte Nachrichten werden sie dir so gut wie nie direkt sagen. Die Mentalität im Geschäftsbereich ist so, dass man anstatt einer Absage einfach nichts mehr von denjenigen hört, anders wie in DE wo eine Absage zum guten Ton gehört.
Wie man bei Sascha sieht hat sich seine Hartnäckigkeit bezahlt gemacht. Finde ich prima das du dich nicht hast unterkriegen lassen. Viel Glück und natürlich alles Gute für die weitere Zukunft in Kanada.