also, wie bereits in meiner Vorstellung erwähnt, ist meine Auswanderungthematik etwas anders gelagert, als bei den meisten hier vermute ich.
Ich habe einen etwas sagen wir mal unkonventionellen Weg eingeschlagen. Ich studiere Kommunikationsdesign - das ist erstmal nichts Ungewöhliches, allerdings, wenn ich dann sage, dass ich stark sehbehindert bin, wird die Sache dann doch etwas spezieller. Wie auch immer, ich komme trotz allem klar mit meinem Studium, habe gute Noten und auch wenn ich manchmal einen andere Arbeitsweise an den Tag lege, komme ich trotzdem zum Ziel. Natürlich sind mir auch Grenzen gesetzt, diese kenne ich genau, kann sie aber auch durch Hilfsmittel, oder ggf. die Hilfe von anderen aus dem Weg räumen.
Leider habe ich in DE die Erfahrung machen müssen, dass immer und immer wieder auf seine Behinderung reduziert wird, egal wie suverän man auftritt oder wie gut meine Arbeit auch sein mag. Das liegt vor allem daran, dass sich viele eben nicht vorstellen können, dass jemand wie ich so einen Beruf ausüben kann. Die Agenturen sind nicht gerade offen für sowas, lieber bezahlen sie die paar Hundert Euro "Strafe" als jemand wie mich einzustellen. Mein Prof kennt meine Situation und will mir helfen. Er sieht aber meine einzige Chance darin, dass ich in öffentlichen Institutionen evntl. eine Arbeit bekommen könnte. Natürlich bin ich ihm dafür sehr dankbar, aber dass ich mir z. B. Agenturen von vorneherein abschminken kann, ist wieder ein weiterer Stein, der mir in den Weg gelegt wird. Die Frage ist nun, muss ich mich damit für immer und ewig gefälligst zufrieden geben, oder hätte ich woanders die Möglichkeiten, mich selbst zu verwirklichen?
Ich erinnere mich noch genau, als ich in Edmonton war, dass auf jedem noch so kleine Spielplatz extra Spielgeräte für behinderte Kinder waren. Auch habe ich gemerkt, wie locker und unbefangen mit meiner Behinderung umgegangen wurde, also schloss ich daraus, dort eine etwas andere Wertvorstellung herrscht, zumindest was den alltäglichen Umgang betrifft. Wie sich das mit dem Arbeitsmarkt verhält, konnte ich nicht so wirklich rausfinden und ich will mich nicht irgendwelchen Illusionen hingeben. Vielleicht kann mir der eine oder andere etwas dazu sagen, ich würde mich jedenfalls sehr freuen.
Ich habe sehr oft mit schwerst Sehbehinderten zu tun, z.B. einige Radiokollegen, die aber hauptberuflich in meiner Region arbeiten oder gearbeitet haben.
Habe neulich mit einem fast Blinden eine Kanada-Sendung gemacht (täglich Kontakt), der erstaunliche Sachen gemacht hat im Beruf - sehr vielseitig hier in der Region. Manchmal vergesse ich es sogar, dass er fast nichts sieht. Schnell findet man als Sehender (ich habe nur 7,5 Dioptrie, sehe also recht gut noch), wie man es handhaben kann mit dem Sehbehinderten. Das können andere auch.
Mein Kollege war u. a. in einer Blindenschule tätig als Lehrer, aber auch in normalen Schulen und Erwachsenenbildung, wo es Sehende Schüler gab. Hat auch studiert im Ländle und in der Schule musste er halt in der ersten Reihe sitzen....
Der andere Radiokollege ist bei einem Energiewerk beschäftigt als Computer-Fritze und auch er hat da so seine Hilfsmittel. Muss halt ganz nah ran an den Rechner und hat auch Lupe usw. Auch im Radio ist er für die Technik zuständig trotz extremer Sehschwäche. Er ist eine Kapazität dort seit 10 Jahren. Hat den größeren Überblick als wir besser Sehenden. Aber das brauche ich dir ja nicht zu sagen.... Sind halt nur meine Eindrücke.
In meiner Firma gibt es Blinde und stark Sehbehinderte. Habe nicht den Eindruck hier im Ländle, dass gerade Sehbehinderte von Firmen nicht eingestellt werden. Das bestätigten mir die Sehbehinderten im Umfeld.
In B.C. war ich schwer beeindruckt z.B. über die vielen Elektro-Rollstühle in Victoria und wie die E-Rampen im Bus eingebaut sind. Da gibt es quasi fast keine mechanischen Rollstühle. Auch die Signale an Verkehrsampeln sind gut.
Zum Glück hat sich auch hier in Stuttgart einiges geändert. Die Busse ähneln jetzt den Bussen aus Victoria und die Ampeln geben Signale für Blinde usw. - nicht alle, aber immer mehr.
Wünsche dir viel Glück. Das Thema ist bei mir immer mal Gesprächsstoff, weil ich fast täglich mit Sehbehinderten zu tun habe und wir uns ja auch austauschen mit den modernen Hilfsmittel.
Mein Radiokollege hatte z.B. ein Minidisc-Gerät, dass sehr gut für Sehbehinderte zu bedienen war, er hatte es mal ausgeliehen und nie wieder zurückbekommen und fand dann das einzige Gerät bei ebay in Kanada, Ontario und es war dann in 8 Tagen da und wir machten mit diesem Gerät tolle Aufnahmen für die Kanada-Sendung und es erleichterte ihm vieles. Er freute sich riesig, dass er gerade so ein Gerät in Kanada fand.
Kleiner Schwank: Bei der Nachtsendung, die um 1.00 h nachts anfing, sollte ich eine Taschenlampe mitbringen, da ich 2 m von ihm weg saß am anderen Mikro und er vor dem Mischpult, um ihn dann anzuleuchten, wenn er die Hintergrundmusik zu laut machte oder wenn mir irgendwas auffiel am Kopfhörer. Es hat auch ohne Taschenlampe geklappt. Man braucht also nicht nur im Motorhome eine solche Lampe.... Man muss sich nur zu helfen wissen.
viel Glück für dein Vorhaben in Kanada
Gruß lakota
Heute gehört von US-Talkmaster Jay Leno in "Late Night Show" auf NBC:
"Hybrid-Autos sind so leise, das blinde Leute sie als Sicherheitsrisiko bezeichnen. Präsident Bush versteht das nicht. Er sagt: Vielleicht sollten blinde Leute sie dann nicht fahren."
*lach* vor lauter Zweiten sieht er wohl den Busch nicht mehr.
Also, sehbehinderte und blinde Computerspezialisten gibt es mitterlerweile auch hier zu Hauf. Und z. B. Radiomoderator ist eines der Traumberufe von Blinden. Weitere Sparten sind z. B. Physiotherapeuten, Dolmetscher oder kaufmännische Berufe. Die üblichen Studiengänge sind meist Jura, Pädagogik, BWL oder Informatik. Man muss allerdings anmerken, dass die wenigsten zu einen Abschluss kommen, da sie teilweise den Anforderungen nicht gewachsen sind. Einerseits liegt es an schlechten Arbeitsbedingungen, anderseits hapert es gewaltig an Eigeninitiative von den Betroffenen.
Und sollten sie mal einen Abschluss machen, landen sie jobmässig bestenfalls in einer Einrichtung, die in irgendeiner Weise mit Behinderten zu tun hat. Oft sind sie auch privat nur unter Ihresgleichen, aber im Grunde sind sie nur scheinbar intergriert.
Das bekomme ich dann zu spüren, da ich komplett aus der Reihe falle: Ich sehe 20% auf einem Auge mit Korrektur, ohne komme ich auf ca. 5%. Ausgrechnet ich studiere dann Kommunikationsdesign. Das ist bei vielen Leuten (auch Behörden) auf Unverständnis, manchmal sogar Ablehnung gestossen.
Danke für die Hintergründe über Sehbehinderte. Interessantes Thema, werde sicher darüber mit den Sehbehinderten weiter diskutieren. Wünsche dir viel Erfolg und Durchhaltevermögen.
Gruß lakota
wir sind "ehrenamtliche" Radiomacher, bekommen dafür kein Geld.
Ehrenamtliche Projekte haben den Vorteil, dass sie die Massen erreichen können. Ich selbst bin z. B. seit Jahren in der Linux/Unix Szene aktiv. Ich habe so eine Art "Designagentur" für Open Source Projekte. Im Moment liegt es auf Eis, weil ich wenig Zeit habe, aber sobald unser Umzugsstress vorbei ist, werde ich es wiederbeleben.
Da fiel mir ein, ich könnte ja mal ein Link auf meine HP hier reinstellen, damit Ihr mal sehen könnt, was ich so mache. Meine Seite habe ich vor nicht allzulanger Zeit etwas auf Ami-Style angepasst, allerdings ohne Gezappel und Geblinke. Dass meine Seiten barrierefrei erstelle, versteht sich ja von selbst.