Mich interessiert eure Einschaetzung der kanadischen Schulen. Mittlerweile sind doch viele mit Kindern im schulpflichtigen Alter hier angekommen und laut PISA Studie schneidet Kanadas Schulsystem oft wesentlich besser ab als Deutschlands dreigliedriges. Habe mittlerweile so meine Zweifel an der Aussagefaehigkeit der Studie. Fuer Austauschschueler ist die Schule hier ein Spaziergang. Was meint ihr ? Cheers, Steve
Wert der PISA-Studie? Das frage ich mich manchmal auch. Vielleicht täte man besser daran, statt eine numerische Statistik zu erstellen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Schulsystemen herauszustreichen. Was sind Best practices? Womit macht man gute Erfahrungen? Wie gut werden Schüler aufs Leben vorbereitet? Welches sind halt länderspezifische, kulturelle Besonderheiten?
Als ich zum ersten Mal hier mit einer kanadischen Schule konfrontiert wurde, hat mich fast der Schlag getroffen. Welch Unterschied zu - in meinem Fall - den Schweizer Schulen. Weniger Bücher, mehr Kopien, weniger Hausaufgaben, Mittagessen an der Schule, (scheinbar) weniger Leistungsdruck, grössere Schulklassen, langer Schultag, ... Wenn ich meine Erfahrungen mit einer kanadischen Schule mit derjenigen einer Schweizer Schule vergleiche, scheint mir, dass - PISA hin oder her - die Schweizer Schule sich nicht zu verstecken brauchen. Im Gegenteil.
Irgendwie hat sich meine Aufregung gelegt. Vielleicht deshalb, weil die Ausbildung der Kinder in einem grösseren Rahmen zu sehen ist. Das Curriculum ist das eine, für die Stärkung der eigenen Persönlichkeit und für das Sammeln von Lebenserfahrungen - gerade für Jugendliche - findet sich hier ein gutes Umfeld. Stichworte wie public speaking, summer jobs, andere Kulturen, ... und hier punktet Kanada.
Das Schulsystem der Public Schools in Kanada ist nicht ganz unaehnlich dem US-System, mit dem wichtigen Unterschied, dass die Finanzierung nicht so unmittelbar von der Property/Education Tax der Wohngegend abhaengt.
Da immer eine Wohngegend einer Schule zugeordnet wird, spiegelt die Schule den Querschnitt der unmittelbaren Nachbarschaft wieder. Da in Kanada viele Neighbourhoods recht homogen sind (Gegenden mit Highrises, Townhouses, mehr oder weniger schmucken Semis oder Detached etc. - durch die Property-Tax und die Hauspreise ist dies wie ein Filter fuer soziale Schicht und Einkommen der Familien), kann man schon aufgrund der Lage der (Elementary)Schule auf die Qualitaet schliessen. Die Provinzen fuehren sehr genaue Rankings (lesen, schreiben ,rechnen) und erfassen Parameter wie Klassengroesse, Bildung der Eltern, Muttersprache statistisch. Aus diesen Rankings kann man gewaltige Unterschiede in der Qualitaet erkennen, denn es gibt auch in Kanada soziale Brennpunkte mit vielen low-income/Immigranten/single mother Haushalten (klar sind hier nicht alles Problemfaelle, aber halt haeufiger eben doch). Unterm Strich muss man sagen, dass man sehr genau schauen sollte, in welche Gegend man zieht mit Kindern, die in Klasse 6 (evtl 8 ) und darunter gehen. Man hat naemlich nicht die freie Wahl der Schule. In der Regel stimmt es, dass etwas teurere Gegenden die besseren Schulen haben (wobei dies nicht gleichzeitig engagiertere Lehrer heissen muss, wie mir eine befreundete Lehrerin erklaerte).
Interessanterweise schneiden auch die French Immersion Schulen in Ontario haeufig nicht so gut bei den Rankings ab. Auch die katholischen Schulen sind nicht besser als Public. Ueber Montessori oder rein franzoesischsprachige Schulen kann man streiten, es gibt sogar kleine deutsche Schulen. Diese Schulformen kann man natuerlich frei waehlen, hat aber unter Umstaenden ein Transportproblem.
Ab der Highschool wird der Einzugsbereich dann viel groesser und das Umfeld vermutlich automatisch etwas "rauer".