habe von einem Bekannten einen interessanten Text zum Thema Auswanderung bekommen. Mal eine andere Sichtweise.
"Wir sind dann mal fort von Wolfram Weimer
Alle vier Minuten verlässt ein Deutscher sein Land.
Alle vier Minuten verlässt ein Deutscher sein Land. An jedem Tag verliert Deutschland ein ganzes Dorf, womit die Zahl der Auswanderer Dimensionen erreicht wie seit 120 Jahren nicht mehr. Man muss kein Pessimist sein, um in der Massenflucht ein Misstrauensvotum gegen die Zukunftsfähigkeit des Landes zu erkennen. Was die Angelegenheit so heikel macht: Es sind die Besten und Jüngsten, die genug haben und gehen. Im Gegensatz zu den Auswanderungswellen des 19. Jahrhunderts verlassen nicht etwa Analphabeten, Bauern und verzweifelte Arbeiter das Land. Wir erleben keine Elendsflucht, sondern einen Exodus des gebildeten Mittelstands. Das Durchschnittsalter unserer Auswanderer beträgt 32 Jahre, es sind junge Ärzte und Ingenieure, Wissenschaftler und Facharbeiter, Handwerker, Techniker und ehrgeizige Dienstleister. Nach Angaben der OECD verliert derzeit kein anderer Staat so viele Akademiker. Inzwischen gibt es kaum eine Familie mehr, die nicht betroffen ist, kaum ein Fernsehabend mehr ohne Serien wie „Umzug in ein neues Leben“ (Kabel 1), „Goodbye Deutschland“ (Vox), „Die Auswanderer“ (Pro7) und „Deutschland ade“ (RTL). Nach einer Allensbach-Umfrage würde jeder fünfte Deutsche es den Fernsehvorbildern gerne gleichtun. Der Migrationsforscher Klaus Bade warnt unmissverständlich: „Wir befinden uns in einer migratorisch suizidalen Situation.“ Während unser Sozialstaat Hunderttausende Unqualifizierter aus den Randzonen Europas anzieht, fühlen sich die jungen Vertreter des Leistungsmittelstands hierzulande immer fremder. Der Handwerksmeister, der in Australien nicht vom Bürokratenstaat bedrängt wird, der Arzt, der in Norwegen nicht zum Medizinbeamten degradiert wird, der Wissenschaftler, der in den USA bessere Forschungsbedingungen hat, die Hotelfachfrau, die in der Schweiz das Doppelte verdient und dabei auch noch weniger Steuern zahlt, der Bauingenieur, der in China sein Können vergoldet bekommt – die Motive wechseln. Aber eines eint sie alle: Anderswo geht es ihnen besser als daheim. Das ist für die Deutschen, die sich jahrzehntelang als die Wirtschaftswunder-Klassenbesten gefühlt haben, eine schockierende Erfahrung. Auf einmal arbeiten sie als Gastarbeiter in fremden Ländern, und wenn die Wirtschaftselite der Welt sich in Davos trifft, dann sind die Hotelkellner die Deutschen. Man spürt bei Auslandsreisen, dass die Dinge sich anderswo besser entwickeln als bei uns, dass unser zivilisatorisches Vorsprungsgefühl verloren ist. Man muss nicht gleich von „Ausbluten“ und „Argentinisierung“ schwarzmalen, aber beim Mittelstand verfestigt sich doch der Eindruck, das Land sei langsam geworden und seine Substanz erodiert. Die Überlegenheitsgewissheit, die jeden Urlaub im Süden zu einem Selbstbestätigungs-Event gemacht hat, ist verschwunden. Avantgarde spürt man nicht mehr daheim, sondern in der Fremde. Doch damit sind die Kategorien der Orientierung für die nächste Generation der Talentierten vertauscht. Die Fremde wird zum Ort der Verheißung. Wenn die Autobahnen in Andalusien inzwischen besser sind als im Ruhrgebiet, unsere Schulen neben denen in Skandinavien wie Baracken aussehen, wenn ein deutscher Krankenhausarzt nur noch so viel verdient wie ein Pförtner in Dubai, wenn eine Facharbeiterfamilie so hohe Steuern und Sozialabgaben zahlt, dass ihnen weniger übrig bleibt als einem Koch in Zürich, dann gehen sie eben. Immer mehr Menschen merken, dass ihnen Deutschland immer weniger bietet. Während die Politzirkel Berlins noch selbstgefällig über Zuwanderungsquoten streiten, ist die Abwanderungsquote das eigentliche Problem. Wohlstandswahrung in der Globalisierung heißt vor allem, Intelligenz zu binden. Deutschland gelingt das immer schlechter. Alleine 16000 Ärzte haben das Land verlassen. Ihre teure Ausbildung ist damit zu einer Subvention der Schweiz, Norwegens, Englands, der USA geworden. Während wir endlos über die Extreme von oben (Topmanager und deren Gier) und unten (Mindestlohn-Empfänger und gewalttätige Migrationsjugendliche) diskutieren, vollzieht sich ein Bruch der Gesellschaft in der Mitte. Man erörtert über Jahre, wie man den Wohlstandskuchen noch ein bisschen gerechter verteilen könnte, doch unterdessen flüchten diejenigen aus der Küche, die den Kuchen backen sollen. Unser Problem sind nicht 100 maßlose Manager oder 100000 türkische Familien in vermeintlicher Armut. Es sind die Millionen der Mittelschicht, die die Gesellschaft tragen, sich aber von ihr zusehends weniger getragen fühlen. Sie zahlen immer höhere Abgaben, erleben Wohlstandsverluste, werden bevormundet, müssen ihre Kinder in schlechte Schulen schicken und werden dem Wettbewerbsdruck der Globalisierung mit viel weniger Schutz ausgesetzt als die ganz unten und ganz oben. Die Flucht aus der Heimat ist eine Volksabstimmung mit den Füßen geworden, ein Alarmsignal aus der Mitte der Gesellschaft. Die Auswanderer revoltieren nicht und krakeelen nicht, sie haben keine Gewerkschafts- oder Partei-Kampagne hinter sich, sie gehen einfach still und leise fort. Leider."
Gefaellt auch mir! Wer kann da schon eine Loesung bieten? Doch nur der Staat..... und der hat scheinbar nicht die Moeglichkeiten..... oder er hat das Problem nicht erkannt.
Hi Baumjoe, interressanter Text! Kannst Du bitte mal einen funktionierenden Link einstellen, wenn Du ihn hast? Ich konnte den Artikel auf der Cicero-Site nicht finden und auch URL-gebastele hat nicht geholfen ...
Oh Mann, da hätte ich wirklich selber drauf kommen können. Als ex-Programmierer mußte ich es wohl zwangsläufig über die kompliziert-technische Schiene versuchen Dankeschön Dennis
Toller Artikel der vieles auf den Punkt bringt. Aber das Hauptproblem dieses Artikels ist : das wir den in den Foren zu lesen bekommen und die Leser von CICERO, diejenigen, die das hier Geschriebene am besten auswendig lernen sollten geht der Inhalt am Ars... vorbei.
Ich spreche nicht mehr von Politikern, sondern ausschließlich von den Neuzeit-Adeligen. Die haben sich, damals wie heute, bedient wo es ging, es hat sich seit hunderten von Jahren nicht geändert. ( Doch hat sich : früher Pferdekutsche heute S-Klasse - und mich wollen die auf Trabbi-Niveau reduzieren wegen Feinstaub und Klima )
Ich werde das nicht ändern können, aber ich kann meinen eigenes Leben, und den Ort an dem ich leben will, beeinflussen. Und deshalb : tschüß Angela M. aus B. Noch gehöre ich zum beschriebenen Mittelstand, und wenn man mir das in DE streitig macht, dann gehöre ich dort hin wo ich diesen Mittelstand auch verteidigen kann. Und zwar mit Herz und Seele !
Ich finde auch, dass der Artikel die Sache ziemlich gut trifft. Aber ich meine auch, dass die politische Seite nicht allein der ausschlaggebende Punkt ist, aber es unterstützt den " Mittelständler " doch geradezu beim Auswandern.
Ich finde es nicht normal, das man in DE mit 2 Leuten arbeiten gehen muss, um eine Familie samt Haus und gelegentlichem Urlaub oder Freizeitvergnügen zu unterhalten, und das geht bei uns z.B. auch nur noch, weil mein Mann im Schnitt 220,00 - 260,0 Std im Monat macht ( im Sommer schon mal 340,0 Std.).
Und wenn man sich dann plagt und plagt und es wird trotzdem am Monatsende immer weniger, dann kann man auch woanders sein Glück versuchen. Mehr arbeiten können / wollen wir nämlich nicht mehr.
Und ich denke, mit dem Einsatz kommen wir auch in Kanada klar !
@bettybou: in CA ist quote der familien mit zwei verdienern erheblich höher als in DE. du wirst in CA voraussichtlich auch arbeiten müssen, um über die runden zu kommen....
bzgl. DB: Mehdorn ist ein ARSCHLOCH! die lohnerhöhung der lokführer war schon lange hinfällig. die entlassungen wurden nur deshalb angekündigt, als persönlichen rachefeldzug und trimmung der bahn für den börsengang ("steigerung der produktivität"). anders lässt sich dieses verhalten nicht erklären, denn die lohnerhöhung dieser berufsgruppe ist gemessen am konzern absolut peanuts!!! als vergleich: die erhöhung der bahn-vorstandsgehälter (alleine von 1999-2005) lag bei 300% - diese betrag ist höher, als die gehaltserhöhung der gesamten lokführer!
versteht mich nicht falsch, ich bin alles andere als ein linker oder gar bahner, sondern absoluter kapitalist. aber ich finde an dieser stelle sollte man auch fair sein...
Interessant zu lesen. Guter Artikel. Doch... So alles stimmt nicht wirklich. Das hauptsächlich der gehobene Mittelstand zurzeit DE verlassen möchte kann man anhand der vielen Auswanderer Sendungen z.B. gut erkennen. Auch das vor 50-100 Jahren nicht nur arme Teufel DE verlassen haben ist nun mal Fakt. Es waren vielmehr Abenteurer mit Sehnsüchten nach einem neuen Anfang, ein besseres Leben zu führen. Doch die meisten, oder alle mussten noch härter arbeiten als in der alten Heimat.
Ach wie einfach ist es doch der Vergangenheit den Rücken zu kehren mit der Meinung das so vieles schlecht hier in DE läuft. Vor ca. 14 Jahren sagte unser Klassenlehrer ungefähr folgendes: "man muss sich als ganzes hier im Lande fühlen, als ein Teil der dazu gehört, man darf nicht erwarten das immer die anderen etwas tun damit es mir persönlich besser geht. Man sollte nicht erwarten das Politiker ihren Beitrag leisten das mein persönliches Glück und Zufriedenheit vollkommener werden...oh nein, wir alle haben unsere Pflicht einen Beitrag dafür zu leisten, etwas für die Allgemeinheit zu tun, etwas für unser Deutschland. Niemand anders wird es sonst machen, außer wir selber. Es ist unsere Pflicht nicht immer nur zu klagen und jammern sondern anpacken! Nur gemeinsam schaffen wir es unseren Kindern eine bessere Zukunft zu bieten." So oder so ähnlich seine Worte...
Nun könnte man sagen dass Mitte der neunziger Jahre vieles besser war. Jedoch wird es genauso viele Menschen geben die im Jahre 2020 behaupten werden das 2008 alles besser und einfacher war. Doch die Zukunft eines Landes liegt in der Hand seiner Bewohner und deren Bereitschaft etwas für ihr Land tun zu wollen. Die Norweger, Kanadier, Schweden, usw. können mit Recht behaupten stolz auf ihr Land zu sein, auf den Lebensstandard der ihnen geboten wird. In Deutschland kann man das aber mindest genauso!!!
Leute, wir können unser Land verlassen und gehen wohin auch immer der Wind uns wehen wird. Aber es liegt nur an uns selber etwas daraus zu machen. Wenn man nicht rein zufällig einen "Goldesel" hat oder im Lotto Glück hatte so sind alle Auswanderer egal in welchem Land, ohne harte Arbeit, härter als in DE nicht besser dran als sie es hier waren.
Nun können wir uns das schlechteste von DE mit dem besseren im Ausland vor die Augen halten so oft und viel wir wollen. Manche haben beruflich und privat hier in DE mehr Glück manche in Kanada. Doch was nützt das alles?! Liegt es nicht auch manchmal am persönlichen Empfinden wo was besser ist? Wie viele sind dann aber doch enttäuscht wenn es in der neuen Heimat nicht so rosig läuft als geplant? Klar kann man dann von sich behaupten, no Risk no Fun. Wer nie wagt…
Es wird immer Menschen geben die von einem Land in das andere Auswandern, diese "Tatsache" liegt schon tausende Jahre zurück. Manche bleiben sesshaft, manche sind moderne Jäger, manche auf der Suche nach neuen Abenteuern, neuem Glück, besseren Lebensstil.
Ich selber bin auch einer von denen, dessen Vorfahren vor 300 Jahren aus Österreich in das damalige östliche Kaiserreich ausgewandert sind, dem heutigen Siebenbürgen. 1990 dann zurück nach Deutschland ausgewandert und seit ich Urlaub in Kanada machte fühle ich mich dort am wohlsten. Das liegt aber nicht daran das in Deutschland so vieles schlecht ist. Möglicherweise an meiner Sehnsucht nach einer freien, wilden Natur, nach Abenteuern die man sonst selten irgendwo noch finden kann, Ruhe, Gelassenheit, innere Zufriedenheit die man meist dort zu finden vermag wo man nicht gerade lebt….
An den Auswanderersendungen kannst Du also erkenne wer DE in Richtung CA verläßt ? Erinnerst Du Dich an Asterix - der Seher ?
Also ich sehe da mehrheitlich Leute mit geringerer Ausbildung und Jobs wie LKW-Fahrer. Die bilden in DE aufgrund der Lohnentwicklung schon lange nicht mehr den Mittelstand ! Hier holt sich ein Spediteur lieber einen Polen für € 1000,- brutto statt einen Deutschen der seine Familie ernähren will. Es gibt viele Leute mit universitärer Ausbildung oder Fachhochschulabschluß die DE verlassen. Von denen siehst Du nichts bei VOX und KABEL1. Das passt denen nicht in´s Bild, die wollen doch den doofen Michel zeigen wie er im Ausland auf´s Maul fällt. Aber es gibt eben sehr viele davon, die in DE gut ausgebildet wurden aber sehen das es hier im nackten Kommunsimus enden wird und dann Ihre Konsequenz ziehen und gehe.
ich wollte damit auch nciht sagen, das man als Familie nicht mit beiden arbeiten gehen soll / kann, ich habe schon vor mir in Kanada einen Job zu suchen.
Wir verlassen DE nicht , weil es uns hier schlecht geht, sondern weil wir was anderes erleben / kennen lernen möchten und das geht zumindest in den meisten Fällen nur mit Arbeit und die wollen wir auch tun, kein Thema.
@all: ich habe getsren in den Nachrichten gehört das jetzt Krankenschwestern und Altenpfleger in Ostdeutschland also den neuen Bundesländern den Mindestlohn beantragen wollen. In Sachsen Anhalt gibt es Pflegekräfte die für 3,5 EUR/ std arbeiten müssen. Der mindestlohn bei der post beträgt jetzt ca 9 euro die stunde. Ich glaube das es in naher zukunft noch mehr wirtschaftsflüchtlinge in deutschland geben wird.
in den meisten Familien die wir hier kennen (eigentlich in allen) gehen beide Elternteile Vollzeit arbeiten. Meine Nachbarin hat 4 Kinder im Alter von 5 bis 14 Jahren und geht schon immer arbeiten, volle Stundenzahl. Nur gleich nach der Geburt der Kinder blieb sie jeweils fuer 6 Monate bzw. fuer 1 Jahr zuhause. Es ist hier schon fuer die allermeisten Familien eine wirtschaftliche Notwendigkeit dass beide Eltern arbeiten.
Also ich weiss ja nun nicht wie ihr da auf eure Geschreibe kommt. Man sollte sich selber einbringen um sein Land zu verbessern? Axxo.
240-260 Stunden im Monat bei gerade Mal 1,300 Euro brutto. War da nicht mal was von 40 Stunden Woche? Rente immer weniger. Lohn immer weniger. Manager und Politiker immer mehr? Abgaben immer mehr? Kindergartenplaetze immer teurer mit Wartezeiten von bis zu 5 Jahren. Besten bei der Hochzeit schon mal Formular ausfuellen - falls Madame irgendwann schwanger wird!
Mein Hausarzt hatte mir mal erklaert was er bekommt um einen Patienten einen Vollcheck zu geben. Nach 5 Stunden Test ganze 29,90 Euro. Davon soll er aber noch die Leasingraten fuer die Geraete bezahlen. Als er erfuhr, dass ich nach Kanada gehen werde meinte er nur: "Wenn ich juenger waere wuerde mich hier nichts mehr halten. Gehen Sie ruhig."
Wie ist das noch mit Arbeitslosen ueber 38 Jahren? "Leider koennen wir fuer Sie nichts tun. Fuer den freien Arbeitsmarkt sind sie nicht mehr vermittelbar." Dieses Schreiben ist digital erstellt und wird daher nicht unterschrieben. (so oder aehnlich) Hat sich da was geaendert?
Leider bin ich zu oft mit E-Mails konfrontiert die nichts gutes aus DE berichten. Wer daheim bei Mama wohnt und keine Rechnungen zu zahlen hat, der kann gerne darauf warten das sich was aendert. Ich denke leider vergebens. War da nicht im Spaetjahr was von Meldungen die besagten es gehe aufwaerts in der deutschen Wirtschaft? Es geht weiterhin bergab oder im alten Trott.