ich trage mich im Moment mit dem Gedanken, nächstes Jahr nach British Columbia zu ziehen, in ein winziges Kaff etwa 120 km östlich von Prince George direkt am Fraser-River. Eine Freundin von mir baut dort ein Trauma-Therapiezentrum auf, durch Regierungsgelder finanziert, wodurch in dieser bis jetzt kaum bewohnten (aber wunderschönen) Gegend neue Arbeitsplätze und ein Bedarf an lokaler Infrastruktur (Farmen, evtl. ein kleines Lebensmittelgeschäft, eine Schule etc.) entsteht. Im Moment ist das ganze noch im Aufbau- und Genehmigungsverfahren, wahrscheinlich wird aber noch dieses Jahr mit dem Bau begonnen.
Ich möchte mitgehen und dort leben und arbeiten (ich habe keine medizinische Ausbildung, hoffe aber trotzdem im Zentrum eine Anstellung zu bekommen, als Systemadministratorin oder notfalls auch in der Hauswirtschaft). Auf Dauer möchte ich aber eine kleine Farm aufbauen, hauptsächlich Gemüse zur Selbstversorgung anbauen, ein paar Tiere halten (evtl. auch die Tiere betreuen, die zur tiergestützten Therapie vom Zentrum eingesetzt werden). Alleine ist so etwas kaum zu verwirklichen, die Arbeit ist einfach zu viel für eine Person und auch die Startkosten für Hausbau, Anschaffungen etc. lassen sich viel besser bewältigen, wenn man sich mit mehreren Leuten zusammentut. Ich dachte an eine Art Land-WG. Ist aber natürlich nicht so leicht, Mitstreiter zu finden, die ins absolute Nichts ziehen möchten, um dann da hart zu arbeiten.
Wie gesagt, bisher ist das alles noch im Fluss, nichts ist festgelegt (außer dem Ort, der steht fest), Ich suche deshalb jetzt Leute, die Lust haben, mitzuträumen, mitzugestalten und dort mit mir zusammen eine ökologische, nachhaltige Hofgemeinschaft aufzubauen.
Das Zentrum soll in erster Linie Angehörige der First Nations therapieren. Ein Standort weit ab von allem schien da vor allem wegen der zu erwartenden Alkoholprobleme eine gute Idee.
Dass es gerade dieses Dorf ist, liegt daran, dass meine Freundin da aufgewachsen ist. Zu seiner besten Zeit (während des "Logging Rush" nach dem zweiten Weltkrieg) hatte der Ort mal rund 100 Einwohner und so etwa die Größe strebt sie jetzt mit dem Projekt wieder an.
Im Moment leben in Longworth dauerhaft nur zwölf Menschen, es gibt ein kleines Postoffice und sogar eine "Town Hall", eine Blockhütte,die bis zu 50 Leute fasst. Außerdem gibt es immer noch eine Bahnstation (allerdings hält der Zug da nur, wenn man vorher Bescheid sagt).
Früher ist in der Gegend intensiv Holzeinschlag betrieben worden, allerdings damals schon selten als Kahlschlag, sondern man hat ganz gezielt große Stämme rausgeholt. Dadurch ist der Inland-Regenwald noch ganz gut erhalten und so nach und nach werden immer mehr der umliegenden Gebiete unter Schutz gestellt. Es gibt sehr viele Schwarzbären (die z.T. recht lästig werden können, weil sie wenig scheu vor Menschen haben und gerne mal Mülltonnen umgraben oder sich sogar mal ins Haus verirren) und einige Grizzlys, die aber zum Glück etwas mehr Abstand halten. Die Zahl der Lachse im Fraser ist in den letzten Jahren drastisch zurück gegangen, weil amerikanische Fangschiffe die Fische schon vor der Mündung abfangen, aber die, die noch in die Laichgründe ziehen, kommen da vorbei und man kann tatsächlich noch erleben wie Bären im Fluß Lachse fischen. Zumindest konnte man das 2002 noch ... für jetzt übernehme ich keine Garantie, die Sache mit den Lachsen ist ziemlich dramatisch geworden.
Oben auf den Bergen gibt es wohl auch noch Karibus, aber die verirren sich selten ins Tal (eins hab ich mal gesehen, als ich da war).
Ja, Reise in die Vergangenheit ist schon ganz richtig. Ich bin Zivilisationsflüchtling Auch hier in Deutschland leb ich schon ziemlich "alternativ", um das mal vorsichtig auszudrücken.
Mich schreckt auch der Gedanke an ein Plumpsklo nicht (außer vielleicht, dass man sich im Winter echt den Arsch abfriert). Strom und Telefon gibt es übrigens schon (auch wenn man beide Leitungen nicht überbelasten sollte). Spätestens, wenn das Zentrum gebaut wird, wird es wohl auch einen echten Wasseranschluss geben. Zur Zeit ist "fließend Wasser" mehr so der Bach im Garten, der ins Haus umgeleitet wird, zum Trinken kocht man es ab. Im Winter kommt man ums Schnee schmelzen nicht herum, da friert der Bach ein. Das wäre mir auf Dauer dann auch etwas zu rustikal
ja, das frage ich mich auch wer und wie man da hinkommen soll.....
Klingt aber dennoch interessant.
Aber wahrscheinlich nichts für mich bzw. für meine Familie...
Meine Frau kommt zwar aus dem Physiotherapie und Gesundheits- Bereich, aber die deutsche Ausbildung ist ja bekanntlicherweise und unsinnigerweise (Der Knochen - und Muskelaufbau des Menschen ist auf der ganzen Welt gleich!!!) nichts wert in Canada. Man müßte komplett neu anfangen und Prüfungen ablegen.
Also, _wie_ man da hinkommt, ist ganz einfach. Man steigt in Prince George oder Jasper in den Zug (je Richtung dreimal die Woche) und sagt dem Schaffner, dass man in Longworth aussteigen will. Der hält den Zug dann da an (aber auch nur dann). Wenn man in Longworth einsteigen will, ruft man vorher bei der Bahn an (oder hängt eine rote Laterne an den Pfosten an der Haltestation, aber ich glaube, das hat echt seit vielen Jahren niemand mehr getan ... der Zug würde dann aber wohl immer noch anhalten).
Es gibt aber auch eine (ungeteerte) Straße, im Sommer ziemlich staubig, im Winter extrem abenteuerlich (aber mit Schneeketten machbar). Fahrtzeit nach Prince George mind. 2 h. Lustigerweise ist der Highway 16 eigentlich nur knapp 10 km weg, und über den ginge es deutlich schneller, aber dazwischen liegt halt der Fraser River und es gibt keine Brücke. Einige der Longworth-Bewohner haben Boote und dann auf der anderen Seite des Flusses einen Geländewagen geparkt, um zum Highway zu kommen. Der nächste Ort, Penny, ist sogar nur auf diese etwas abenteuerliche Weise zu erreichen (oder per Zug, siehe oben), die Longworth Rd. hört nämlich in Longworth dann auch endgültig auf.
Vor einigen Jahren hat die Regierung angeboten, die Straße zu teeren und bis nach Penny zu verlängern und die Bewohner beider Orte haben sich mehrheitlich dagegen entschieden. Die wollen schon so abgeschieden wohnen. Das Therapie-Zentrum soll deswegen auch ein ganzes Stück vor dem eigentlichen Ort entstehen (so 5 - 10 km), damit die ganz krassen Einsiedler sich nicht zu sehr auf den Schlips getreten fühlen, wenn da plötzlich ein Stück Zivilisation hereinbricht.
Wie gesagt, es geht darum, Indianer zu therapieren, die in winzigen (und ebenso unzugänglichen) Dörfchen und Reservaten an der Westküste und im Norden der Provinz leben. Wenn man die nach Vancouver verschifft, kriegen die wahrscheinlich nen Kulturschock. Die sollen ja auch nach der Langzeittherapie wieder in ihre Heimat zurück. Es ist so gedacht, dass nicht Einzelpersonen, sondern ganze Familienverbände gemeinsam therapiert werden (weil es ziemlich wenig Sinn macht, einen einzelnen Indianer aus seinem Dorfverband herauszureißen, fröhliche Alkoholentzug- und Gewaltpräventionsspielchen mit ihm zu veranstalten und ihn dann wieder in die gleiche kaputte Umgebung zurück zu schicken).
Dass mit der medizinischen Ausbildung ist übrigens echt ein Problem und ein Paradox. Einerseits sind sich Provinz- und Föderationsregierung einig, dass es zu wenig Fachpersonal im Land gibt, andererseits tun sie sich gerade im medizinischen Bereich mit der Anerkennung ausländischer Abschlüsse extrem schwer. In diesem Fall wird es eventuell Ausnahmegenehmigungen geben, weil es einige der Therapieformen, die i der Klinik angestrebt sind (frag mich nicht nach Einzelheiten, ich kenn mich da nicht aus) wohl so in Kanada noch gar nicht gibt und es entsprechend auch keine vergleichbaren Ausbildungen gibt.
Die Initiatorin des Ganzen wird wohl demnächst bald mal wieder eine Info-Veranstaltung zum Projekt anbieten, dann kann ich ja bescheid geben (das wäre dann wahrscheinlich hier in der Nähe von Münster).
Aber es stimmt schon, der Standort ist nur attraktiv, wenn man ein ziemlich alternatives Leben anstrebt und ansonsten damit zufrieden ist, ein bis zweimal im Monat zum Supermarkt zu fahren. Gerade im Winter muss man es da echt gut mit sich selbst aushalten können. Und das schreckt natürlich viele Leute ab.
Auf der anderen Seite kann ich echt sagen, dass Longworth zu den schönsten Fleckchen Erde gehört, die ich je betreten habe. Wenn sich die richtigen Leute zusammenfinden, kann da echt ein kleines Paradies entstehen. Ist aber wirklich eher was für Aussteiger als für "normale" Auswanderer.
Nur mal so rein interessehalber, wie lange warst du denn schon an diesem lauschigen Oertchen? Hast du dort schonmal ein ganzes Jahr verbracht?
Ansonsten finde ich die Idee sehr lobenswert und es gehoert eine extra Portion Ideallismus dazu um es in die Tat umzusetzen und dann noch am Laufen zu halten. Hab ich das jetzt richtig verstanden, dass der Begriff Therapiezentrum gewaehlt wurde, weil Drogenklinik sich nicht so schick anhoert?
Wenn die Regierung mal angeboten hatte die Strasse zu teeren, dann kann diese Idee evtl. in eine Faehre, die ueber den Fraser River fuehrt umgewandelt werden.
Faehre ist da zu riskant, das ganze ist kurz vor dem Grand Canyon (der heißt wirklich so), einer ziemlich krassen whitewater-Stelle, ich meinte das ernst, als ich bei dieser Motorboot-Lösung von "abenteuerlich" sprach Die Strömung ist da wirklich krass. Evtl. wird aber demnächst zumindest eine Brücke für Reiter, Radfahrer und Fußgänger gebaut. Somit könnte man dann vielleicht mit Muli oder Mountainbike zu seinem am jenseitigen Ufer geparkten Jeep vordringen.
Ich selbst war bisher nur im Sommer da (und habe entsprechend großen Respekt vor dem Winter dort). Ein paar Freunde von mir waren auch im Winter da und meinten es sei "gar nicht so schlimm", was auch immer das heißen mag Vielleicht hatten sie einfach nur Glück mit dem Wetter. Man kann da zur Zeit nicht einfach so schonmal ein ganzes Jahr leben. Da ist ja nix, vor allem keine Arbeitsmöglichkeit.
Die Sache mit der Drogenklinik ist natürlich irgendwie richtig, Alkohol ist einfach eines der Hauptprobleme der First Nations. Aber die Therapiekonzepte gehen wohl durchaus über einen normalen Alkoholentzug hinaus. Es soll darum gehen, Alternativen aufzuzeigen, die Traumata aufzuarbeiten, die überhaupt erst zum Alkoholmissbrauch führen, für eine ganze Familien- bzw. Siedlungsgemeinschaft Perpektiven zu entwickeln. Die Regierung in Kanada steckt immer wieder große Mengen Geld in irgendwelche Projekte, die die Probleme mit den Ureinwohnern lösen sollen, scheitert aber eben immer wieder an diesem Teufelskreis aus Sucht, Perpektivenlosigkeit und Gewalt, der sich von einer Generation zur nächsten fortsetzt. Das Zentrum ist bewilligt worden (mehr noch, zeitlgleich werden wohl in Manitoba und Ontario zwei weitere ähnliche Zentren geplant), weil es dieses ganzheitliche Konzept so in Kanada noch nirgendwo gibt (und meine Freundin wohl sehr überzeugend argumentiert hat) und als echter Hoffnungsfunke angesehen wird.
Ich bin da durchaus etwas skeptisch, ob ein Trupp deutscher Psychologen, Psychiater, Sucht- und Ergotherapeuten jetzt wirklich das ist, was Kanadas Indianer brauchen. Wenn es funktioniert, ist natürlich super. So ist es für mich die Chance, mit Unterstützung der kanadischen Regierung an den Ort zu gehen, wo ich unbedingt hin wollte. Das kann ich nicht anders erklären. Longworth war für mich nicht einfach irgendein Stop auf einer Rundreise durch BC. Longworth war eine spirituelle Erfahrung. The perfect place, nur gerade schon ziemlich klinisch tot. Das Projekt bietet die Chance, diesen Ort zu erhalten und wieder zu beleben.
na, das kann wirklich eine richtige Chance werden...
Ich kenne die Problematik nur zu gut. Ich haber eine Kollegin die hat Beziehungen zu Seton Portage (bei Lilloet) u.a. am Anderson Lake.
Da sind wohl auch jede Menge dieser Probleme zu Hause...
Auch was Du so beschreibst kann ich 100 % nachvollziehen. Die Gegend ist dieser wohl sehr ähnlich. Wunderschöne Gegend. Back to the roots. Wenn auch nicht sehr einfach. Aber der Gedanke daran ist schön.
Ich hatte im Jahr 2003 auf meiner Campertour die Gelegenheit dort ein paar Tage zu verbringen...
Halte uns auf alle Fälle auf dem laufenden...
Der Vortrag wäre ggfls. auch so mal interessant...
Klasse Vorhaben. Gefällt mir, ist genau an die dortigen Bedürfnisse angepasst und die Regierung hält auch noch die schützende Hand darüber. Mach´Dein Ding dort, wenn Du kannst. Ich bin richtig neidisch auf Dich, gönne es Dir aber unbedingt.
Schöne Sache Deine Idee!! Damit meine ich einerseits das Therapiezentrum und andererseits Deine Idee da eine kleine Farm mit Selbstversorgung und Tieren fürs Zentrum aufzubauen.
Irgendsowas in der Richtung schwebt uns auch vor. Auch wenn wir nicht gerade die typischen Ökos sind, so möchten auch wir dem alltäglichen Zivilisationsstreß entfliehen und uns was "alternatives" suchen. Wir hatten da aber eher auch in Richtung "Ecotourism" gedacht.
Nur scheint es mir in der von Dir genannten Gegend doch etwas weit ab vom Schuß zu sein, was die bequeme Erreichbarkeit betrifft. Das wäre aber halb so wild. Man müßte halt schauen was die Gegend sonst so zu bieten hat....
Fakt ist allerdings, daß es östlich von PG wohl doch noch recht lange und harte Winter gibt. Wir würden eigentlich eine Gegend westlich/südwestlich von PG vorziehen, auch was die Bewirtschaftung von Gärten anbelangt. Das muß man nämlich auch berücksichtigen!
Wie hast Du Dir denn den Aufbau einer Farm vorgestellt? Gibt es da passende Objekte oder willst Du das da irgendwo in Eigenleistung aus dem "Boden stampfen"? Wie schaut es mit Kapital aus und wie soll das mit eventuellen Mitstreitern geklärt werden?
ZitatTrupp deutscher Psychologen, Psychiater, Sucht- und Ergotherapeuten jetzt wirklich das ist, was Kanadas Indianer brauchen
Kann dazu nur sagen das wenn ich so ein Problem haette und mit jemand eingehend ueber so was diskutieren moechte als suechtiger haette ich gerne einen Muttersprachler, sind es gezielt Native Einwohner dann rede ich hier nicht nur von Englisch Haeb die deutschen Psychologen, Psychiater, Sucht- und Ergotherapeuten den schon alle Ihre lizensen fuer CA bzw die Provinz ? Sorry aber ich stehe dieser Sache etwas skeptisch gegenueber, die realitaet hier und auch in anderen Laendern sieht so aus das es an Geld mangelt solchen Ur Einwohnern bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft finanziell und auch in erster Linie mit einem Job zu helfen. Sprich sie sind clean werden entlassen kommen zurueck ins Reservat und keine arbeit ? Was dann ? Da kann der Suchtvollzug noch so gut gewesen sein, sie rutschen wieder in das gleiche Schema F zurueck.
Und dann die Frage wer finanziert das ganze ?
gruss mark
Angeblich finanziert es der canadische Staat. Aber wissen wir doch alle, wie eitel die Canadier mit Qualis etc. sind und eigene Leute vorrangig einsetzen, gerade in solchen Berufen. Und da sollen Deutsche ran, in die Wildnis Canadas und mit alkoholkranken Ureinwohnern arbeiten? Oder da soll sich jemand hier melden mit ein bissel Geld für den Hausbau und NULL Jobaussicht und beim Gemüseanbau helfen?
Macht mal kurz langsam. Ueber das Konzept dieses Projekts ist doch kaum was hier bekannt. Und dann ist das Projekt noch in der Planung. Ok, ich geben zu, dass auch ich die Einstellung vieler kenne, dass Projekte grundsaetzlich schiefgehen und erst recht, wenn sie diesen Personenkreis betreffen. Aber es gibt auch andere Erfahrungen.
Perspektivlosigkeit? Ist irgendwie kein Wunder, oder? Mangelnde Schulbildung hilft nicht gerade bei der Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt. Dieses Zentrum wird sich wohl auch mit vielen politischen Problemen auseinandersetzen muessen.
Winter im Nirgendwo ist nur halb so schlimm. Darueber sprechen wir dann mal, wenn ernsthaft was passiert ist. Vorher heisst das naemlich ueberall, dass es nur halb so schlimm ist.
Mich wuerde echt mal eine detaillierte Kenzeption interessieren. Gibts denn keine Website zu dem Projekt?
Die Webseite wird hoffentlich in den nächsten Wochen entstehen (ich bin ben gefragt worden, ob ich bei der Erstellung helfen kann) dann hab ich sicher auch konkretere Infos zum Projekt.
Sobald es irgendwas zum Anschauen gibt, sag ich natürlich bescheid.