Zitat Canadadreamer : " Immer wieder amüsant, dass wir im Jahr 23 nach dem Mauerfall aus dem Osten Entwicklungshilfe bezüglich Kreditkarten erhalten. Der Osten wusste weder wie man Kanada schreibt, noch wo das ist, da sind wir mit Kreditkarte im Rucksack nach Nordamerika gereist. "
Lieber Canadadreamer,
eigentlich bin ich es leid, Vorurteilen von Leuten wie Dir bezüglich der geografischen Herkunft in Deutschland zu antworten. Es ist aber amüsant, wenn es um Bildung oder Nichtbildung geht. Du hast natürlich vollkommen recht. Kanada existierte bis 1989 in der DDR auf keine Landkarte, Globus etc. Dort war alles nur grün eingezeichnet unter dem Oberbegriff Nordamerika-böse. Bzw. war ja alles was jenseits der Elbe war grob gesagt KA bzw NSW. Wir hatten ja nur die Landkarten aus der Sowjetunion und konnten kein Westfernsehen/radio empfangen.... Indianerfilme - mit Gojco Mitic - spielten deshalb auch nur in den USA oder vielleicht noch in Mexiko, aber in Kanada niemals. Rocky Mountains und Niagara Fälle gab es ebenfalls nur in den USA. Bücher , Bildbände etc. über Kanada wurden in der DDR niemals verlegt , Fotos aus den NP`s niemals gezeigt. Eisbären gab es offiziell nur in Spitzbergen und im Norden der Sowjetunion. Es gab somit nur ganz wenige Menschen die mit Kanada wirklich in Berührung kamen. So wie etwa Piloten und Passagiere der Interflug auf dem Weg nach Havanna , die in Gander zwischenlandeten. Oder Besatzungen von Schiffen, die damals noch vor der kanadischen Küste Kabeljau fingen. Diese Menschen mußten aber die Existenz Kanadas verheimlichen bzw, offiziell leugnen. Schwierig wurde das ganze dann 1976 und 1988 bei den Olymischen Spielen in Montreal und Calgary . Da hat man ja lange versucht die wahren Orte zu vertuschen. Für alle Statistkfans übrigens: Die DDR hatte in Montreal 1976 mehr Goldmedaillen gewonnen als die USA und China ZUSAMMEN ! Ja es war wirklich zum verzweifeln 1989 , als man merkte, da ist noch ein Land über den USA. Ich denke, auch 23 Jahre nach dem Mauerfall wissen noch nicht viele aus dem Osten was Kanada ist. Ist halt schwierig hier wenn nicht der Erklärbär aus dem Westen kommt.
In diesem Sinne ein Hoch auf den Ost-West Konflikt und Kanada
Bei speziell isolierter Wohnlage und reduzierter Mobilitaet kann sich ein Kulturschock einstellen, wenn die ehemalige Landkarte nicht mehr ausreicht. Um diesem vorzubeugen, wird man langsam an die neue Umgebung herangefuehrt. Dieser Prozess ist individuell und kann schon etwas Zeit in Anspruch nehmen. Ich wurde 2001 in Asien mal nach dem groessten Feldherren aller Zeiten befragt. Es dauert also...
Das MfS hat sich im Laufe der Jahre gut entwickelt, so dass Fernsehbeitraege 1976 und 1988 geschickt manipuliert worden sind. Es mag schwierig gewesen sein, aber der Erfolg war im Sommer 1980 und 1984 zu sehen: Kanada hat Moskau 1980 nicht gefunden und die DDR Los Angeles 1984 nicht. Lake Placid war wohl die Generalprobe.
Es gab mE auch nach 1989 in der DDR keinen Hinweis zu Kanada. Man hatte naemlich diese Zwei-Plus-Vier-Gespraeche gefuehrt und nicht Zwei-Plus-Fuenf-Gespraeche.
Ueber 20% der potenziellen Erklaerbaeren kommen nicht rueber in den Osten. So war es letzte Woche bei n-tv.de zu lesen.
Man sollte bei diesem Thema den Humor nicht verlieren - auch wenn man selbst im Fadenkreuz war. Die Aufarbeitung der ostdeutschen Geschichte ist relativ schleppend, da auch die passende Einstellung dazu fehlt. Allein kann man diesen Prozess nicht aendern. Am besten lacht man einfach drueber.
Ich war leider nie im Osten von Deutschland. Als die Mauer noch stand war ich Offizier bei der Bundeswehr und durfte aufgrund meiner Sicherheitsstufe nicht in das Gebiet des Warschauer Paktes reisen - noch nicht einmal Transit nach West-Berlin. Ich hatte auch keine Familie Im Osten, daher war mein persoenlicher Bezug zur "DDR" eher gering. Ich war noch bei der Bundeswehr als die Mauer fiel und ich habe bis zum heutigen Tag nicht vergessen, wie ich damals fuehlte. Teil und Beobachter eines solch gewaltigen geschichtlichen Ereignisses zu sein war sehr, sehr emotional...
...ich werde aber auch nie vergessen, wie unvorbereitet man auf beiden Seiten war und die westliche Wirtschaft die neuen Buerger uebervorteilt hatte. Kurz nach der Wende verlies ich die BW und wurde Filialleiter bei einer grossen deutschen Bank. Ich wehrte mich damals mit Haenden und Fuessen in den Osten versetzt zu werden - nicht weil ich nicht hin wollte, sondern weil ich wusste was die Marschrichtung fuer die Geschaeftsentwicklung war - es war menschlich einfach zu enttaeuschend.
Dies war auch ein Grund warum meine Frau und ich schon vor langer Zeit nach Kanada ausgewandert sind - wir hatten den Glauben an ein wirklich vereintes Deutschland leider aufgegeben.
Hier gibt es bestimmt noch vieles zu schreiben und die Schuld liegt sicher nicht nur bei einer Seite, dass in den Koepfen vieler Bueger immer noch eine Mauer existiert (oder zumindest lange existiert hat), aber es faellt mir einfach schwer, hier grossartig Humor zu heucheln.
Sorry, wenn das nun ein etwas depressiver Post geworden ist.
Zitat Man sollte bei diesem Thema den Humor nicht verlieren
im Winter 88/89 hatte man vor Erichs Haus folgenden Schriftzug in den Schnee gepinkelt:
"Erich ist doof"
Als Erich dies bemerkte,ließ er die Angelegenheit untersuchen. Nach 3 Tagen teilte man Erich das Ergebnis der Untersuchung am Telefon mit. Der leitende Untersuchungsbeamte sagte zu ihm:
"Der Urin ist unzweifelhaft von Krenz,aber die Handschrift ist eindeutig von Margot.
das "Kanadabild in der DDR" kann eigentlich nicht unrealistischer gewesen sein als das heutige "Gesamtdeutsche" nach gefuehlten 100 Stunden "Mein neues Leben XXL" und all den anderen Auswanderer-Soaps, oder?
Zitat von GrizzIch wehrte mich damals mit Haenden und Fuessen in den Osten versetzt zu werden - nicht weil ich nicht hin wollte, sondern weil ich wusste was die Marschrichtung fuer die Geschaeftsentwicklung war - es war menschlich einfach zu enttaeuschend
Hey - dass das noch jemand so sieht wie ich!
Gruesse mattes
Ich bin nicht nur Sachse... Nein, sogar Nieder-Sachse!
Das Canadabild nicht nur der DDR war doch unvollständig. Die ganzen Auswanderer-Soaps gabe es zwar früher nicht, aber auch das Bild in der alten BRD war doch eher von Urlaubserinnerungen und Postkarten-Idyll verbrämt.
Und umgekehrt: Nicht nur das Deutschlandbild von Asiaten oder anderen die wahlweise entweder den Führer oder König Ludwig suchen ist doch völlig schief - auch das der nie in den "neuen Ländern" gewesenen "Wessis" und das der vor zig Jahren (zB nach Canada) ausgewanderten.
Also ich merke keinen Unterschied mehr - gehöre allerdings auch nicht zu denjenigen, die krampfhaft versuchen ihre Vorurteile bestätigt zu finden. Doch: Ich merke Unterschiede. Und die sind zwischen Bayern und Westfalen größer als zwischen Mecklenburgern und Holsteinern. Das war aber schon immer so.
@ grizz: Ja nur mit Satire kann ich dem originalen Statement - wir Ossis hätten vor der Wende nicht mal gewußt wie man Kanada schreibt - entgegentreten. Spätestens zu den Spielen in Calgary 1988 mit dem Sieg von Katharina Witt wußte auch der letzte Ossi was/wo Kanada ist ! Da manche ja hier im Forum provozieren wollen, entgegnet man denen mit Satire und Humor . Den hat man als gelernter Ossi auch über sich selbst.
Folgender Dialog entspann sich wirklich zu den Spielen 1988 zwischen einem DDR Bürger (ja es gab eine Fan Mannschaft aus der DDR !) und einem Kanadier während des Skispringens. canadian: where do you come from ? eastgerman: i come from germany , east germany ! nach 5 min Pause canadian : and where are the communist`s ? in east or in west ? ........
Es sollte endlich Schluß damit sein,die DDR schlechter zu machen als sie war und die BRD besser als sie ist,dann verschwindet auch langsam die Mauer aus den Köpfen.